Pünktlich um 11.00 Uhr trat Van der Bellen vor die wartenden Mitglieder der künftigen Regierung. Nach einer kurzen Rede gelobte er dann Österreichs erste Dreierkoalition in der Hofburg an. Rein formal besteht die neue Regierung aus dem künftigen Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), der mit der Leitung eines eigenen Ministeriums betraut ist, sowie zwölf weiteren Ministerinnen und Ministern. Angelobt wurden auch die sieben Staatssekretärinnen und Staatssekretäre.
Im Anschluss an die Angelobung findet im Bundeskanzleramt die Amtsübergabe des scheidenden Kanzlers Alexander Schallenberg (ÖVP) an Stocker statt. In den kommenden Tagen steht dann die Regierungserklärung im Nationalrat an. Sie soll am Freitag erfolgen.
Neues Ministeriumsgesetz folgt erst
Für manche Regierungsmitglieder stellen die kommenden Tage ein Provisorium dar. Denn die nunmehrige Angelobung der Bundesregierung fand auf Basis des bestehenden Bundesministeriengesetzes statt. In diesem sind Aufgaben und Ressorts aber teilweise anders verteilt, als es die neue Koalition in ihrem Arbeitsprogramm vorsieht.
Nach einer Neuverteilung durch ein erst zu beschließendes neues Ministeriengesetz müssen all jene Ministerinnen und Minister mit neuen Aufgabenbereichen noch einmal bei Van der Bellen vorstellig werden.
155 Tage zwischen Wahl und Angelobung
Insgesamt 155 Tage brauchte es vom Wahltag bis zur Angelobung. Bei ÖVP und SPÖ hatte der jeweilige Vorstand schon am Freitag Regierungsprogramm und Ministerliste zugestimmt, bei NEOS wurden die Koalition selbst sowie das 211-seitige Koalitionsprogramm am Sonntag mit 94,13 Prozent der Stimmen abgesegnet.
NEOS wird in der Koalition drei Posten besetzen: neben Meinl-Reisinger und Christoph Wiederkehr, die als Ministerin und Minister angelobt werden, wird Sepp Schellhorn Staatssekretär für Deregulierung. Die Funktion ist ein Novum, angesiedelt ist sie im Außenministerium, was wohl einzig der dortigen NEOS-Ägide geschuldet ist.
TV-Hinweis
ORF2 und ORF ON zeigen anlässlich der Angelobung am Montag eine ZIB Spezial um 10.45 Uhr, um 20.15 Uhr „Das Interview. Fragen an die neue Regierung“ mit den drei Parteispitzen. Um 21.10 Uhr folgt ein „Report Spezial“, um 21.45 Uhr die Doku „Bilder einer Aufstellung“.
Stocker wird Bundeskanzler
Bei der ÖVP wurden bereits vor dem Wochenende alle Posten fixiert. Ihr Amt behalten auf ÖVP-Seite Innenminister Gerhard Karner, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Angeführt wird das ÖVP-Team vom künftigen Bundeskanzler Stocker, womit die niederösterreichische ÖVP gleich die Hälfte der Ministerposten besetzt.
Ihm als Staatssekretär zur Seite steht Alexander Pröll, der den Posten des ÖVP-Generalsekretärs an den Wiener Nationalratsabgeordneten Nico Marchetti abgibt. Der Generalsekretär der Wirtschaftskammer, Wolfgang Hattmannsdorfer, übernimmt das Wirtschaftsressort. Claudia Plakolm, bisher nur im Rang einer Staatssekretärin, wird nun u. a. für Europa zuständige Kanzleramtsministerin.
SPÖ-Team wird von Schmidt koordiniert
Auch bei der SPÖ konnten schon vor dem Wochenende alle Personalfragen geklärt werden. Die Nationalratsabgeordnete Michaela Schmidt wird Staatssekretärin im von Babler geleiteten Ministerium. Finanzminister wird der Arbeiterkammer-Ökonom Markus Marterbauer, dem die ÖVP die bisherige steirische Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl als Staatssekretärin zur Seite stellt.
Sozialministerin wird ÖGB-Frauenchefin Korinna Schumann, Verkehrsminister der bisherige Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke. Wissenschaftsministerin wird SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und Justizministerin die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtshofs, Anna Sporrer.
Kritik von FPÖ
Kritik an der Dreierkoalition kam am Sonntag von der FPÖ. In einer Aussendung schrieb Generalsekretär Christian Hafenecker, wer bei der Nationalratswahl im September an das Versprechen der Veränderung geglaubt habe, wache nun mit einer „‚Weiter-wie-bisher-nur-schlechter‘-Koalition“ auf.