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Geschlinge, das

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GrammatikSubstantiv (Neutrum) · Genitiv Singular: Geschlinges · Nominativ Plural: Geschlinge
Nebenform Geschling · Substantiv (Neutrum) · Genitiv Singular: Geschlings · Nominativ Plural: Geschling
Aussprache  [gəˈʃlɪŋə][gəˈʃlɪŋ]
Worttrennung Ge-schlin-ge · Ge-schling
Wortzerlegung ge- 2schlingen
eWDG und DWDS

Bedeutungen

1.
etw. (Hin-und-her-Gewundenes und dadurch) Verschlungenes
Beispiele:
Ich kann tief in die Eingeweide [des Schiffs] hineinsehen: die mächtigen Blöcke der Dieselmaschinen, das verwirrende Geschlinge von Rohren und Leitungen. [Buchheim, Lothar-Günter: Das Boot. München: Piper 1973, S. 43]
In der Ferne war die Silhouette des Vesuv in einen Schal aus Dunst gehüllt, und der Himmel darüber wölbte sich blau, zerstochert über der Peripherie von Hochhaussilos und dem Geschling der aufsteigenden Betonschleifen, im Westen aber neigte er sich glatt und wolkenlos bis zum Meer hinab. [Zeiner, Monika: Die Ordnung der Sterne über Como. Berlin: Aufbau 2013, S. 82]
Zwar war ich nicht faul gewesen, doch hatte ich nur ein einziges Geschlinge von Umwegen zurückgelegt. [Strauß, Botho: Der junge Mann. München: Hanser 1984, S. 337]
Man muß zusehen, daß man eine Wand im Rücken hat … Trotzdem drückte sie ihm die Daumen, stieg sogar auf den Stuhl, um zu sehen, wie Schafheutlin einschritt, mutig aus Pedanterie, und zu trennen versuchte, was sich da herumwälzte, ineinander verbissen hatte, und zur Friedfertigkeit zu ermahnen das Geschling von Leibern, Armen und Beinen; sie erblickte den jungen Mann am Nebentisch, beinahe hätte sie geschrien: Wilhelm, Wilhelm. [Reimann, Brigitte: Franziska Linkerhand. Berlin: Neues Leben 1974, S. 145]
Nachdem er mich mit üblem, an den Fingern klebendem Besteck versorgt hatte, häufte er mit Suppenlöffel und Gabel einen guten Teil der Spaghetti auf meinem Teller, drückte mit eleganten Bewegungen einen langen Wurm Tomatenmark, Ornamente zeichnend, auf das Geschlinge, gab reichlich Öl aus der Dose dazu, tat sich dasselbe in dem Kochtopf an, schüttete Pfeffer über beide Portionen, vermengte seinen Anteil und forderte mich mit Blicken auf, meine Mahlzeit ähnlich zuzubereiten. [Grass, Günter: Die Blechtrommel. Darmstadt: Luchterhand 1959, S. 626]
a)
Gesamtheit der Darmschlingen, besonders beim Menschen
Beispiele:
Was für olfaktorische Resultate man sich erhoffen darf, wenn man ein paar Veilchenbonbons mit einem Cheeseburger, einem Teller Pommes und einem Liter Cola durchs Geschlinge schickt, wurde wissenschaftlich noch nicht untersucht. [Neue Zürcher Zeitung, 03.06.2023]
Wenn er sich aufregte – zum Beispiel beim Kartenspielen – dann hatte er eine sehr spezielle Redewendung: »Pass auf – ich zieh dir das Geschlinge aus dem A**** und häng’s dir um den Hals.« [Neue Westfälische, 21.08.2021]
b)
Rankenwerk, verschlungene Pflanzenteile (besonders in der künstlerischen Darstellung)
Beispiele:
ein Geschlinge von WurzelnWDG
Die wichtigste Pflege des Blauregens besteht im regelmäßigen kräftigen Schnitt. Damit kann man einerseits das unbändige Wachstum regulieren. Andererseits blühen Glyzinen, die nicht geschnitten werden, immer weniger. Und man kann das immer undurchdringlicher werdende Geschlinge kaum noch in Form bringen. [Blauregen richtig schneiden und pflegen, 20.04.2024, aufgerufen am 21.04.2024]
Triumphal an den Acrylmalereien auf Aludibond, großen Formaten, ist vor allem die starke Farbigkeit. Sie überschwemmen das Auge förmlich mit ihrer räumlich anmutenden, dabei stark zur Abstraktion tendierenden Farbwelt, die das Figurenarsenal an den Rand spült und mausgrau verblassen lässt. Zwar wuchert das quietschbunte, schlauchartige Geschlinge und Gewirre nicht über den Bildrand hinaus. Doch das überreizte Auge nimmt es unwillkürlich extrapolierend als Abbild des Gesamtzustands der Welt. [Badische Zeitung, 28.10.2023]
[…] das gezackte Löwenzahnblatt, die Gänseblümchen, der Wegerich, die Dürer in seinem »großen Rasenstück« mit der Präzision des Botanikers zeichnet, der bäuchlings im Gras liegt und das grüne Geschlinge im 30‑Zentimeter‑Abstand betrachtet, sind womöglich auch Lobpreis der wundersamen Natur. [Welt am Sonntag, 22.09.2019]
Der Jugendstil, der am Ende des 19. Jahrhunderts den muffigen Historismus verdrängt hatte, wurde in wenigen Jahren selbst von seinem phantastischen Geschlinge überwuchert. [Die Zeit, 02.04.1998]
Die Fensterscheiben funkelten in der Sonne, und jedes Blatt im tropischen Geschling hinter dem Blumenfenster glänzte wie poliertes grünes Leder. [Reimann, Brigitte: Franziska Linkerhand. Berlin: Neues Leben 1974, S. 280]
Aber es schossen schon wieder Jungstämme herauf; dazwischen stand dickes Geschling von Farnkraut und Brombeeren; kleine Pfade führten darin kreuz und quer. [Gaiser, Gerd: Schlußball. München: Hanser 1958, S. 276]
Das wirrsame Geschlinge von Wurzeln, Luftwurzeln, gestürzten vermodernden Strünken erschwerte das Vorankommen immer mehr. [Stucken, Eduard: Die weißen Götter. Stuttgart: Stuttgarter Hausbücherei [1960] [1919], S. 494]
[…] das Geschlinge der trockenen, sehnigen Waldreben […] [ F. WolfGrenze5,208]WDG
2.
Lunge, Herz, Leber und weitere Innereien von Schlachttieren
Beispiele:
Meine Aufgabe war es, bei den Rindern das Fell abzuziehen und bei den Schweinen die Borsten abzubrühen und abzuschaben. Es war körperlich sehr anstrengend, weil alles von Hand gemacht werden musste. Wenn man dann schon ein bisschen dabei war, durfte man das Geschlinge (das sind Herz, Lunge, Zunge, Leber) rausnehmen. Wieder später durfte man dann selbst Fleisch zerlegen. Bis man selbständig würzen durfte, ging noch einige Zeit vorbei. Man brauchte immer viel Eis, um das Fleisch kühlen zu können. [Badische Zeitung, 23.04.2021]
Heute heißt der Fleischkontrolleur zwar »amtlicher Fachassistent«, aber seine Aufgabe ist dieselbe. Wenn das Schwein geschlachtet, entblutet und gebrüht ist sowie die Innereien, das Geschlinge und die Luftröhre entnommen sind, begutachtet er das Fleisch und nimmt (nur bei Schweinen) eine Trichinenprobe. [Fränkischer Tag, 26.01.2013]
Geschlinge, in der Kochkunst Schlund, Lunge, Herz, auch Milz und Leber vom Kalb und Lamm. [Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon. Berlin: Directmedia 2001 [1906]]

letzte Änderung:

Zum Originalartikel des WDG gelangen Sie hier.

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
1Geschlinge n. Schlund mit Kehle, Luft- und Speiseröhre sowie Lunge, Herz und Leber der Schlachttiere (15. Jh.), stellt sich, wie (ablautend) omd. Geschlunge, Geschlünke, als Kollektivum zu Schlung, Schlunk, Nebenformen von Schlund (s. d.), und damit letztlich zu 2schlingen ‘schlucken’ (s. d.).
Zitationshilfe
„Geschlinge“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Geschlinge>.

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