Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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traufe, fem.

traufe, fem.,
das niedertröpfeln; der tropfen; der ort des tropfenfalles; das traufrecht.
herkunft und form (vgl. auch trauf).
1)
ahd. nicht belegt, mhd. troufe. die nhd. nebenformen mit umlaut und affricata (s. unter 5) machen einen jō-stamm, germ. *draupjo- wahrscheinlich, der überdies durch das ablautende ahd. trupha Notker 2, 245 P., mhd. trüpfe (s. trüpfe) gestützt wird. unmöglich ist der ansatz eines got. *traufa Meyer-Lübke rom. et. wb.² nr. 8864ᵃ.
2)
das fem. traufe ist im gegensatz zum masc. und neutr. trauf besonders in Mitteldeutschland verbreitet: drauf Crista Trier 70; träffa Sartorius Würzburg 150; traaf, troofe Müller-Fraureuth obersächs. 1, 241ᵇ. obd. sind ältere belege spärlich, z. b. Walther 33, 10; Hugo v. Langenstein Mart. 132, 1. schon frühzeitig, besonders aber seit dem 16. jh. gewinnt unter dem einflusz der schriftsprache das fem. auch im süden an häufigkeit, s. Fischer schwäb. 2, 333. im nd. und ndl. sind statt trauf, traufe die zu tropfen, trupfen gehörigen drope, druppe, drüppe, drippe üblich, s. dort. verschiedenes genus führt teilweise zur bedeutungsdifferenzierung, vgl. Martin-Lienhart 2, 743; lux. ma. 68ᵇ.
3)
herrschend ist die zweisilbige form traufe. daneben findet sich bis ins 17. jh. eine kurzform; süddeutsch: ain trauf Konrad v. Megenberg buch d. nat. 362 Pf.; chein trauff Bamberg. recht bei Graf-Dietherr 85; aus der trauf fastnachtsp. 552 Keller; md.: dieselbe treuff Iglau. stadtb. bei Jelinek mhd. wb. 723; in der drauf Caspar v. d. Rhön Laurin 281 v. d. Hag.-Prim., neben traufe 280; in der trauf buch geistl. gnaden (1503) 54ᵇ; von einer trauff Treuer Dädalus (1675) 1, 472; die trauf Schottel haubtspr. (1663) 273. mundartlich: die und das traf Schmeller-Fr. bair. 1, 650; die traf Schöpf tirol. 749; trauf Martin-Lienhart elsäss. 2, 743; draf lux. ma. 68ᵇ; drauf Hönig Köln 36ᵇ; traaf Müller-Fraureuth 1, 241ᵇ; traf Knothe schles.-nordböhm. 183 neben trafe.
4)
neben dem stark flectierten singul. finden sich in älterer zeit auch schwache formen: aus der trauffen Egerer fronleichnamsp. 2929 Milchsack; der troffen J. Gerlingius sylloge adag. (Leiden 1649) 94. für den plural sind schriftsprachlich nur schwache formen gesichert: alle troufen (1384) Freiberg. urkdb. 3, 274 Ermisch; die trauffen Abr. a s. Clara etwas für alle (1711) 2, 77.
5)
neben schriftsprachlich herrschendem au gelegentlich überall seit alters der umlaut äu: dräuffe (15. jh. md.) Diefenbach 552ᶜ; treuffe Micha 2, 6; die träufe Göthe 38, 146 W. neben traufe; der treuffe Iglau. stadtb. bei Jelinek mhd. wb. 723; in den troeffen bei Scherz-Oberlin 1664; die treuff Rivius Vitruv. (1575) 8ᵇ. mundartlich: dröhf Waldbrühl Rhingscher klaaf 156; träupf Schmeller-Fr. bayr. 1, 673; tröuffi neben dem wenig gebräuchlichen trouffe Hunziker Aargau 61; elsäss. in dachträuf Martin-Lienhart 2, 743. entrundung zu ei selten: treiffe Caspar v. d. Rhön Laurin 280, neben drauff 281; taaxtraifn Hentrich Eichsfeld 65. monophthongierung zu a literarisch vereinzelt: eine traffe Mylius nomencl. (1572) bᵃ, mundartlich reich bezeugt, vgl. trauf sp. 1400, zu o, besonders ostmd.: trofe Freiberg. stadtr. (1475) 406, 29 Ermisch, neben trouffe; die troffe Mathesius Syrach (1586) 124ᵃ; die troffen (1688) bauordn. Breslau (1828) 7; troofe Müller-Fraureuth öbersächs. 1, 241ᵇ. sonst: troffe vel gosze (obd. 15. jh.) Diefenbach 552ᶜ; troffe Scherz-Oberlin 1664; auch schwäb. drofə Fischer 2, 333. zu den kurzvokaligen formen vgl. ³trauf 4, sp. 1400. zur affricata im bayr.-österr. und schweiz. vgl. trauf sp. 1400, träufen sp. 1416, sowie tachtrapfe Breunig ma. von Buchen 34; trapfa Gradl maa. Westböhm. in Baierns maa. 2, 232; tachchträipfi Brandstetter ma. von Beromünster 4.
bedeutung und gebrauch.
1)
nomen actionis: das herunterfallen einer flüssigkeit, das tröpfeln. eindeutige fälle sind selten (vgl. aber unten 2 und 3, wo gelegentlich eine verbale bedeutung mehr oder minder durchschimmert): dieser auflösung kundbahres beispiel im buche der natur ist die trauffe, da die fallenden tropfen ... den härtesten felsenstein auflösen A. v. Franckenberg gemma magica (1684) 36; drei dinge jagen den mann aus dem haus: rauch, traufe und zorniges weib Dühringsfeld sprichw. (1875) 1, 156ᵇ, nach proverb. 27, 15 (vgl. trauf 1 a); trauffe nennet man den abfall des wassers, wenn es bei dem regen über das dach auf den erdboden rinnet Zincke allg. öcon. lex. (1744) 2, 2952.
2)
nomen agentis und acti, 'stilla, gutta', z. t. mit dem verbalen und localen bedeutungselement von 1 und 3 als nebenvorstellung (s. sp. 1407): stilla i. gutta ein trauffe voc. theut. lat. (Nürnberg 1482) s. v.; stilla drauffe und trauffe (15. jh.) Diefenbach 552ᶜ.
a)
regen, nur selten ohne nähere angaben: in seinen troeffen so frowet sich der bernde (zu in stillicidiis eius laetabitur ps. 64, 11) bei Scherz-Oberlin 1664; weil ich Gretchen ihr haupt aufheben sehe, wie eine blume, die aus der traufe wieder in den sonnenschein kommt E. Höfer auf dt. erde (1860) 1, 172.
α)
im allgemeinen wird der ort, von dem der regen herabfällt, angegeben, meist ein dach: traufe nennt man das beim regen vom dach frei herabfallende wasser Helfft wb. d. landbaukunst (1836) 368; subgrunda, ein vordach, so die trauffe von den wenden abweiset B. Faber thes. (1587) 812ᵃ; stillicidium deducere die trauffe ableiten Reyher thes. (1686) 2380; deiectus ableiter der traufe A. Rode Vitruv (1800) anhang 23; weil es aber regnete, lief ihm die trauffe von dem dache in das offene maul Faszmann d. gelehrte narr (1729) 72;
ihn haben sie nun hingelegt,
wo graus vom turm herab
die traufe ihm zu häupten schlägt
und plätschert auf dem grab
G. Keller 10, 17.
frühzeitig bildlich:
uz der schanden troufe
viel im nie tropfe an sinen lip
Frauenlob 129, 4 Ettmüller.
im deutschen recht spielt die traufe eine grosze rolle: herr richter, ich klage iuch zu im, daz he uf mich gebuwet hat, daz sin swelle uf mir lit zu verre oder daz sin troufe uffe mich vellit (14. jh.) urkdb. d. stadt Freiberg i. Sa. 3, 21 Ermisch; er sol auch haben anderthalb füsze zwischen den nachbarn, darumb eine iegliche gelengen zwischen zweyen häusern, darin beede traufen fallen, drei füsze in die weite haben musz (1670) stadtrecht von Eisenach 147 Stenge-Devrient; in wesz were die traufe fällt, desz ist die mauer Graf-Dietherr rechtssprichw. 85; es erbt chein trauff, wi alt di ist ebenda 85 (aus d. Bamb. recht § 332); scherzhaft: wie an dem posthause auf dem Brenner die eine dachrinne ihr wasser ins schwarze, die andere das ihrige ins adriatische meer versendet, so wars jetzt auch mit der traufe von unsern hüten Steub drei sommer in Tirol (1895) 1, 271.
β)
traufe als steigerung zu regen, vgl. trauf 2 a sp. 1401, traufregen, traufnasz:
o gründliche taufe!
o köstliche traufe!
Uhland sämtl. w. (1827) 2, 147;
dem tröpflein folgt die trauf
Rückert (1867) 8, 465.
redensartlich im eigentlichen und uneigentlichen sinne in reicher fülle seit dem 13. jh. mit deutlichen übergängen zum localen gebrauch (s. 3) und teilweisem hineinspielen des verbalen elementes:
ir kardenâle, ir decket iuwern kôr:
unser alter frôn derst under einer übelen troufe
Walther 33, 10 Lachm.;
must pleiben inn der drauf
und sterben auf der erden
Caspar von der Rhön Laurin 281 v. d. Hag.-Prim.;
(primus miles Hiczenplicz prepellit mulieres)
nun hebt euch paldt aus der trauffen
oder ich schlach euch all zu hauffen
Egerer fronleichn. 2529 Milchsack;
wir sind unter der traufe des himmels theater d. Deutschen (1768) 17, 216; auch verschweigen und verstellen flieszen leicht zusammen und müszen nicht tropfen in den festesten charakter, sobald er immer unter der traufe steht, endlich narben graben? Jean Paul 7-10, 320 Hempel. sich aus der traufe machen Mathesius Syrach bei Wander 4, 1293. sprichwörtlich zunächst nur in die traufe kommen u. ähnlich:
Laurein sprach: thun nit auffe,
es gult das leben mein,
wan ich kem in die drauffe
Caspar von der Rhön Laurin 310 v. d. Hag.-Prim.;
darumb so schlag ein reien auf,
seit wir sein kumen ausz der trauf
fastnachtsp. 552 Keller;
wenn es sich möchte ... zutragen, das ihr solchen tyrannischen hündischen richtern möchtet in die troffe kommen J. Mathesius Syrach (1586) 124ᵃ; unter die traf kommen tüchtige verweise erhalten, in verlegenheit geraten Schöpf tirol. id. 749. verstärkt: er musz unter die kalte traufe Holtei theater (1845) 506ᵇ. — seit dem 17. jh. wohl in anlehnung an neulateinisches vorbild vitabat cinerem et incidebat in prunas (vgl. Steinbach 2, 861) und incidit in Scyllam cupiens vitare Charybdim (aus Walther von Chatillon Alexandreis 5, 301) erweitert: aus dem regen in die traufe kommen, im 17. und 18. jh. nur md., später auch obd., s. auch teil 8, 506:
von dem verräther zwar errett mich dieser haufe,
wiewol auf solche weis, als wann in eine trauffe
man aus dem regen kömpt, wie unser sprichwort sagt
D. v. d. Werder rasender Roland (1634) 13, 29;
das ist eine schlechte hülfe, wenn man, um sich nicht zu quetschen, in einen brunnen fällt, in dem man ersaufen kann, d. h. aus dem regen in die traufe kommen v. Schönaich ästhetik (1754) 349; das neue ehepaar lebte ... im paradiese, ob es gleich dem afterreden ... des benachbarten adels nicht entging, sondern ... aus dem regen in die traufe kam v. Hippel kreuz- und querzüge 1, 107; mir scheint, da sind wir aus dem regen in die traufe gekommen Bauernfeld ges. schr. 5, 108; us em räge, sogar dem platschräge i d' trauffi choo Friedli Bärndütsch 6, 72; auf dem sprichwort beruhend: ja wohl ... hätte er es thun sollen ..., allein dises hielte er sich vor schimpflich, und wurde doch hernach von so vilen beschimpfft. das heiszt wohl recht ... den regen meiden, und unter die trauffe kommen Ettner v. Eiteritz unwürd. doctor 512; den regen kennen meine leser, allein die traufe bin ich ihnen noch schuldig v. Hippel sämtl. w. (1827) 2, 168; und bin froh, dasz der regen vorüber ist, obgleich ich nachher manchmal in die traufe komme br. v. u. a. Herwegh 254. — auch in variationen: aus dem regen unter die traufe kommen, vgl. teil 8, 506: ich kam aus dem regen unter die traufe Lessing 2, 480 L.-M.; nun hat er mich auf feine art fühlen lassen wollen, dasz ich aus dem regen unter die traufe gekommen bin Müllner dramat. w. 8, 142; aus öm rän onner dö drauf kommen Crista Trier 70. — die heute verbreitetste form vom regen in die traufe kommen, vereinzelt im 18. jh. (doch vgl. schon A. Gryphius lustsp. 89 Palm u. sp. 1407), erfreut sich erst seit dem 19. jh. steigender beliebtheit: er kommt vom regen in die traufe quelle von 1722 bei K. Rother d. schles. sprichw. 17ᵃ; da mir der lärm in Appenzell zu grosz war, ritt ich ... voraus, kam aber vom regen in die traufe, denn im Weiszbade wurde auch getanzt Hegner ges. schr. 2, 93; er könnte ... leicht wieder ein verliebter zeisig werden ..., der sich in alle welt vergafft, und dann käme ich vom regen in die traufe G. Keller ges. w. 5, 164. dialektisch nur schwäbisch verzeichnet in der form: vom regen unter die traufe kommen Fischer 2, 332. — kommen gelegentlich durch andere verba variiert: dasz wir also in der irre herumb, bald hieher, bald dorthin wallen, und wie man im sprichwort sagt, ausz dem regen in die trauffe gerathen B. v. d. Sohle Juncker Harnisch (1648) 195; Tieck schr. 9, 216; und also fielen die flüchtigen aus dem regen in die trauffe Lohenstein Arminius 1, 905ᵇ; K. L. v. Haller restauration 1, 426; armer Chrystostomus, ohne es zu wissen, schicktest du die menschen aus dem regen in die traufe! Zimmermann einsamkeit 2, 318; ihr setzt euch aus dem regen in die traufe G. Freytag ges. w. (1886) 11, 189. — mitunter bleibt das verbum unausgesprochen: aber schau, von dem regen in die trauffe! A. Gryphius lustsp. 89 Palm; vom regen unter die trauffe Schellhorn sprichw. (1797) 149; aus dem regen in die träufe Göthe 38, 146 W.; aus dem regen in die traufe (titel einer erzählung) O. Ludwig 2, 303. — literarisch gelegentlich mit beabsichtigter umkehrung des sprichworts von der traufe in den regen im sinne von 'ein kleineres übel statt eines gröszeren eintauschen': ich bin, wenn nicht aus dem regen in die traufe, doch aus der traufe in den regen gerathen (theater und universität unterscheiden sich nicht viel von einander) Göthe IV 29, 94 W.;
'so bist du im lande geblieben?'
ruft ihm Christian zu. 'zurückgekehrt aus der traufe
in den regen' — versetzt er — 'und habe das leben gerettet'
(in Amerika ists noch schlimmer als hier)
Hebbel werke 8, 342 Werner.
umgekehrt md. und nd. im 16.-18. jh. von der traufe in den (platz-, schlag-)regen kommen, wie die traufe den regen, so überbietet der platzregen die traufe; vgl. dazu unten traufregen sowie die genau entsprechende wendung mit trüpfe (druppe) s. v. trüpfe 2: ware nun der gute ehrliche mann das erste mahl übel angelaufen, so kam er ietzund vollends aus der trauffe in den schlagregen, maszen ihm Menelaos also ableuchtete Lohenstein Arminius 2, 1486ᵇ; die verdeutschungen gerathen zuweilen sehr unglücklich, und man kömmt oft dabei aus der traufe in den schlagregen J. J. Schwabe belustigungen 7, 302; J. J. Chr. Bode Montaignes ged. 2, 191; das hiesze aus der traufe in den platzregen Gottsched dt. schaubühne 6, 308; die studenten wollten sie verfolgen, aber hr. Philander wiederriethe solches, in meinung, es dörfte ein hinterhalt in den höltzchen verborgen sein, und aus der trauffe gar in den regen kommen M. Kautzsch tobacksbruder (1690) 203.
b)
andere flüssigkeiten, nur selten, schon frühzeitig auch übertragen: bisz gegruszt du ubertreffliche jungfraw in der suszten trauf, die do von ewikeit gefloszen ist vom herzen der allerheiligsten dreifaldikeit in dich von deiner seligsten vorordenung buch d. geistl. gnaden (1503) 54ᵇ. von thränen:
was? eine traufe, mädchen, stets in thränen?
stets regenschauer?
Shakespeare 1, 119;
bildlich:
ist die nacht vorbei, so fehle
ihm doch eure treue nicht,
und die traufe seiner seele
netze mild sein angesicht
Lenau sämtl. w. 110 Recl.
vom schweisz des wildes:
so (mit einem geschossenen hirsch beladen) geht Cimon, die hund
ihm nach mit schnaufen,
verdrossen leckend an den blutgen traufen
P. Heyse braut von Cypern (1856) 10.
auch von zähflüssiger salbe: swer ain trauf machet, diu collyrium haizet Konrad v. Megenberg buch v. d. natur 362 Pfeiffer.
c)
biblisch, übertragen von schelte, im anschlusz an träufen A 1 c: sie sagen, man solle nicht treuffen, denn solche treuffe trifft uns nicht Micha 2, 6.
3)
der ort des tropfenfalles: ein trauffe est locus, ubi stillae cadunt vel a quo vel per quem cadunt voc. theut. lat. (1482) s. v.
a)
ort, von dem her das träufelnde wasser herabfällt.
α)
der rand eines daches, vgl. die traufe ist der untere rand einer dachfläche, von welcher das wasser abtropft Schönermark-Stüber hochbaulex. (1902) 833; traufe heiszt der dachfusz unter der rinne Mothes baulex. (1882) 4, 365:
ez si daz er (der ehemann) loufe
von des taches troufe
Hugo von Langenstein Martina 132 Keller;
der traufe tropfenfall hölet den stein aus J. J. Chr. Bode Montaignes ged. 5, 514; der regen sickerte durch die ritzen des schlechtverwahrten dachs, und ich lag wie unter einer traufe Soyaux Westafrika 2, 73; am nächsten morgen rauschte ein dichter guszregen nieder, auszen plätscherte es von den traufen und gurgelte in den rinnsalen Anzengruber ges. w. (1890) 2, 184. — die traufe ist im privatrecht von groszer wichtigkeit: (mit beziehung zu 1) alle wasserseygen (s. teil 13, 2505) und troufen, die von deme malczhuse in den hof tryffen adir sygen, die süllen ouch ewiglich frie syn und ungehindert (1384) urkundenb. d. st. Freiberg i. Sa. 3, 274 Ermisch; ausz der juristerei und bürgerlichen satzungen lernt er ... auch die treuff, auszgang der wasser, heimliche gemach ... niemandt zu nahe setzen Rivius Vitruv (1575) 8ᵇ; (ein baumeister musz sein) ein rechtsgelehrter, der die landesgewohnheiten, wie exempel, einer zu bauen befugt; ... wohin die fenster und trauffen zu bringen ... wol innen habe Abr. a s. Clara etwas für alle (1711) 2, 77. redensartlich zu 2 a β hinübergleitend: sich selbst unter die traufe stellen; einen unter die traufe locken; wer sich unter die traufe stellt, musz nicht über das naszwerden klagen Wander sprichw. 4, 1293. seit dem aufkommen der dachrinne heiszt auch diese traufe, vgl.: in einigen gegenden führet auch die dachrinne, welche diesz wasser auffänget und ausgieszet den namen der traufe Adelung 4, 654; vgl. Hoyer-Kreuter techn. wb. (1902) 1, 774:
die thränen rinnen ihm am bart hinab,
wie wintertropfen an der trauf aus rohr
Shakespeare 3, 115;
roth ist der schornstein getüncht, roth die hölzerne traufe
Gaudy 17, 8.
mehr der ausgusz einer dachrinne: nach fünf minuten war dem lehrer, als ob er unter einer traufe stünde, aus der statt regentropfen schrotkörner auf ihn niederhagelten Ebner-Eschenbach gemeindekind⁹ 31. auch: er hielt sie (die begleiter) nicht blosz unter der traufe seines regenschirmes, sondern er gab sich wirklich mühe, sie trocken zu erhalten Jer. Gotthelf erzähl. u. bilder (1850) 1, 96. mit dem begriff des schutzes für das überschieszende dach: ähnlich dem fremdling am thore, der da stehet und spähet, unter welcher traufe er übernachten soll maler Müller werke 1, 354. der rand eines baumes: blattwerk, dessen traufe so ziemlich mit den wurzelenden correspondirt Ratzeburg waldverderbnis (1866) 2, 255.
β)
fachsprachlich ist die traufe eine rinne um die bütte der papiermacher, in welche das überflüssige wasser von der form abtrieft Adelung 4, 654: die obere kante (der bütte) ... ist mit einer ... traufe versehen Muspratt-Stohmann chemie (1898) 6, 1581.
b)
ort auf der erde, wohin das vom dache herabtropfende wasser fällt Adelung 4, 654; impluvium, die traufe, heiszt ein plätzlein ohne dach, da es einregnet Docemius sprachenthür von Comenius (1638) § 547. öfter auch eine pfütze, gebildet durch das vom dach herabtropfende regenwasser: träufi Martin-Lienhardt elsäss. 2, 743;
von einer trauff voll stanck
wird auch ein bach mit schleimen
G. Treuer dt. Dädalus (1675) 1, 472;
er (Frundsberg) hält das reich in seinem arm
wies kindlein zu der taufe,
und thät ers nicht, dasz gott erbarm!
so lägs gleich in der traufe
Hoffmann von Fallersleben ges. w. (1890) 3, 203.
c)
ort zwischen der traufrinne und der grundmauer eines gebäudes Adelung 4, 654; Zincke allg. öcon. lex. (1744) 2952; spacium inter duos parietes, in quo pluviae descendunt, ... die traufe oder das reumlein zwischen zweien wenden B. Faber thes. (1587) 54ᵇ; und süllen wir ünser stallung oder swaz wir daselben gen in bowen wolten niht nähner hinan rücken gen irm hus, daz in an irr vorgenant träf und an der selben wytin ze schaden kommen möht (1352) Augsburger urkdb. 2, 45 Chr. Meyer, vgl. traufstatt. ebenso bei einem baum oder gehölz, vgl. wb. d. luxemb. ma. 68ᵇ: in Guayana gibt es sehr grosze schwarze ameisen, welche ... an der traufe der wälder ... hohe ... haufen bilden Oken allg. naturgesch. (1839) 5, 916; 7, 280; 7, 1284.
4)
traufrecht (vgl. trauf 4): die traufe in des nachbars garten haben Heyne 3², 1013ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 9 (1934), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 1404, Z. 8.

träufen, vb.

träufen, vb.,
stillare, guttare.
herkunft und form.
1)
causativum und iterativum zu triefen. ahd. troufen, mhd. troufen; ags. dríepan, drîpan, engl. to dripe; mnl. dropen, nnl. dial. droopen, mnd. dröpen; an. dreypa; got. nicht überliefert. in den dialekten durch die synonyma tropfen, tröpfeln, trupfen zurückgedrängt. nur noch obd. häufig: trâfn Lexer kärntn. 67; träufen, träupfen Unger-Khull steier. 167; trâfen Schöpf tirol. 749; träufen Schmeller-Fr. bair. 1, 650; træupfen ebda 1, 673; träufen Stalder schweiz. 1, 300; traufen, dröufen Fischer schwäb. 2, 333; trœyfə Martin-Lienhart elsäss. 2, 743. md. nur selten: dröhfen Waldbrühl Rhingscher klaaf 156; träfen Müller-Fraureuth obersächs. 1, 241ᵇ, nd. anscheinend garnicht verbreitet. zur etymologie vgl. triefen.
2)
im mhd., frühnhd. bis zum 18. jh. häufig und mit träufeln, triefen, trüpfen, tropfen, tröpfeln in poesie und prosa ohne unterschied gebraucht. bei Klopstock, Hölderlin und Novalis besonders beliebt; seitdem ist dem wort ein eigentümlicher stimmungsgehalt geblieben; daher seit dem 19. jh. in der alltagssprache immer mehr durch jene verben verdrängt.
3)
die grundform *traufjan erscheint im mhd. als tröufen: getröufet Konrad v. Würzburg Troj. 20255 K.; tröuffent kl. mhd. erz. 94 Ros.; troift Konrad v. Megenberg buch v. d. nat. 326 Pf., neben traufe (imperativ) 381; der umlaut äu, eu bleibt auf md. gebiet die regel: treuffen Hesekiel 46, 14; träuft D. W. Triller poet. betracht. (1750) 2, 157, und ist die normalform der nhd. schriftsprache geworden; bei frühen Oberdeutschen seltener: getreuffet H. Braunschweig chir. (1539) 48ᵈ; treuffen S. Brant in Alsatia 10, 79; getröufft P. Heuszlin Gesners vogelbuch (1557) 37ᵇ; auch in die oberdt. maa. eingedrungen, s. oben. daneben überall die umlautlosen formen mit au: troufe Rudolf v. Ems Barl. 87, 2 Pf.; troufet (13. jh.) zs. f. dt. altert. 15, 453; troufen Hiob 3454 Karsten; Heinrich Hesler apok. 14196 Helm; später vornehmlich obd.: trauft d. hl. leben sumerteil (1472) 87ᵇ; getraufft Paracelsus op. (1616) 1, 74ᵃ Huser; drawffen H. Sachs 17, 418 lit. ver.; getrauffet Tabernämontanus kreuterb. (1588) 646ᵇ; traufen Schwab ged. (1838) 338. md. weniger verbreitet: draupffet Apherdianus meth. disc. (1601) 182; trauffet Amaranthes (1710) 470; traufe Musäus volksmärch. 2, 125 Hempel; traufen Kosegarten rhaps. (1800) 1, 173. Campe 4, 867ᵇ scheidet traufen und träufen fälschlich nach trans. und intrans. gebrauch. entrundete formen treifen bis ins 17. jh. sie finden sich besonders im elsässischen des 16. jh.: treyffest Gersdorf wundarznei (1517) 21, aber treuffe (1526) 23ᵇ; treiff H. Braunschweig chir. (1539) 31ᵇ, daneben getreuffet 48ᵈ; treyffen Sebiz feldb. (1580) 76; Ruoff heb. (1580) 214; treifft Wickram 5, 206 Bolte; Fischart Garg. 62 ndr.; schwäb.: getraifft Widmann chron. d. stadt Hall 23 Kolb; Schwelin württ. kl. chron. (1660) 327; nürnbergisch: treiffen Eichmann voc. predic. (1483) s. v. stillare; bei H. Sachs entrundung nur in den flectierten formen des verbs treiffet 9, 268; treift 9, 462; trayfst 4, 297; 5, 334 lit. ver., gegenüber dem inf. drawffen 17, 418; österr.: getraifft Hohberg georg. cur. (1682) 2, 131. md. seltener: treiffet Fuglinus de praest. daem. (1586) 65ᵇ; Lonicerus kreuterb. (1604) 71ᵇ. im 17. jh. gehen diese entrundeten formen zurück: treiffte grillenvertreiber (1605) 266; treiffende Harsdörffer gesprächsp. 3, 83; getraifft Grimmelshausen 1, 711, daneben getrauft 1, 385 Keller; getreifft J. Riemer polit. hasenkopf (1680) 393. auch mundartlich: dre̜ifə Fischer schwäb. 2, 333. monophthongierung des diphthongs au bzw. seines umlauts äu ist literarisch nicht allzu häufig: träffen Mynsinger von den falken 30 lit. ver.; tref (Augsburg 1494) bei Fischer schwäb. 2, 333; trefen (15. jh.) Diefenbach 552ᶜ; getröfft Österreicher Columella 2, 26 lit. ver.; tröffen urkdb. von Eszlingen 2, 187 Diehl; treffen, trauffen Stör dict. (1663) 2, 487ᵇ; vgl.trefften (part. perf.) unten sp. 1419. in den mundarten üblich: trâfn Lexer kärntn. 67; trâfen Schöpf tirol. 749; trâffə Schmeller-Fr. bair. 1, 650; trapfə ebda 1, 673; drâfə Fischer schwäb. 2, 333; traͦaͦft Müller-Fraureuth obersächs. 1, 241ᵇ; träfen ebda; drêfə Fischer schwäb. 2, 333; betrooft Müller-Fraureuth 1, 241ᵇ; dröhfen Waldbrühl Rhingscher klaaf 156. neben der üblichen spirans findet sich die affricata auszer bei Apherdianus draupffet meth. disc. (1601) 182, nur in bair.-österr. und schweiz. dialekten, vgl. Reuter nhd. beitr. z. westgerm. consonantengem. (diss. Freiburg 1906) 75: träupfen (neben träufen) Unger-Khull steir. 167; træupfen mit der weiterbildung træupfezen (neben traufen) Schmeller-Fr. bair. 1, 673. unsicher drapfen J. F. Castelli Österr. 114, vielleicht zu tropfen.
A.
transitiv.
1)
flüssigkeiten in tropfen fallen machen: trouftun distillaverunt (sc. myrrham cant. 5, 5) ahd. gl. 2, 282, 57 St.-S. (10./11. jh.).
a)
eigentlich.
α)
ohne angabe der herkunft oder des zieles des tropfenfalles:
und macht (beim essen) auf dem tischtuch ein strasz
mit der gestreifften suppen sein
H. Sachs 21, 251 lit. ver.;
(beim martyrium japanischer christen) mit ... wasserschöpfern ihnen dasselbige wasser fein langsam über den gantzen leib getröpfelt ..., wann etzliche darunter waren, die vom treiffen des wassers ... schwach wurden Chph. Arnold wahrh. beschreib. (1672) 420;
o wie lieblich träuft die weisze stirne,
träuft die rosenwange silbernässe
Mörike (1905) 1, 107 Göschen;
fachsprachlich in der mineralogie: tropfeinsteinartig oder getreuft, benennungen, welche ... solchen fossilien gegeben werden, welche durch das herabtropfen der mit mineralteilchen geschwängerten wasser sind gebildet worden Zappe mineral. handlex. 3, 194; die traubigen ... gestalten des psilomelan, die getrauften des hyalith sind solcher (amorpher) entstehung F. v. Kobell in Westermanns monatsh. 232 (1876) 390ᵇ; vgl. tropfen A 1.
β)
im allgemeinen mit localen bestimmungen:
unde bite in (Lazarus) des, dasz er
netze den kleinsten vinger
und mir mache ringer
mit einem trophen mînen pîn,
den er troufe an die zungen mîn
Rudolf von Ems Barl. 87, 2 Pfeiffer;
gleich als wann man ein hembd wol seifft
oder ins wasser etwas treifft
Fischart Eulenspiegel 189 Hauffen;
ihres geifers gift hat mich berücket,
denn sie traufen ihn in süszen wein
Kosegarten rhaps. (1800) 1, 173;
ein dritte teil von einem hin öle, auf das semelmelh zu treuffen dem herrn zum speisopffer Hesekiel 46, 14; (Nero) ... träufft schwefel auf die haut Lohenstein Agrippina (1685) 1, 69; lasset sie (die enten) fein gemählig und gelinde braten, trauffet auch butter drauf Amaranthes frauenzimmerlex. (1710) 470. in älterer zeit besonders häufig im medizinischen bereich, wo heute tropfen, tröpfeln, träufeln üblicher ist, immer mit richtungsangabe:
daz olei troufet in die wunden,
diu wolle si dar uf gebunden
zs. f. dt. altertum 15, 453 (13. jh.);
der alt (schmerz) wiert gebrent und uber den brand getröfft schmaltz oder gaisz faistin Österreicher Columella 2, 26 lit. ver.; wann ob die schal (schädeldecke) durchgodt, so hute dich, das du kein öl oder balsam drin treyffest Gersdorff wundarzney (1517) 21ᵃ; nim schäffin unschlit oder schmaltz, träuff es in die wunden, so sterben die maden O. Gäbelkover artzneybuch (1594) 2, 234, daneben trieffe (Eisleben 1595) 2, 234; bes. oft in die ohren, augen träufen: wer des öls in sein orn tröift Konrad von Megenberg buch v. d. nat. 326 Pf.; schaffgall ... mit frauwenmilch in die ohren getreufft, heilt ... alle bruch der ohren J. Heyden Plinius (1565) 258; Sebiz feldbau (1580) 76; Tabernämontanus kräuterbuch (Basel 1588) 646ᵇ; die pflegerin sol ihm (dem neugeborenen) auch ein wenig baumöl in die augen treiffen J. Ruoff hebammenbuch (1580) 214; aus dem 17. jh. nur noch selten zu belegen, z. b.: für die würm in den ohren, ... nimm zwibeln ..., stosz die mit alten harn, und treuffs in die ohren v. Hohberg georg. curiosa (1682) 1, 158; später wohl nur im bilde: die gute seele möchte gerne ... mit samaritermilde balsam in seine wunde träufen Schubart sämtl. ged. (1825) 1. vorbericht v., s. u. A 1 b.
γ)
gelegentlich mit ellipse des objects, vgl. auch A 1 c:
und eh er bracht ein bissen nein,
so griff er nach eim andern wider
und treiffet auf das tischtuch nieder
H. Sachs 9, 268 Keller;
der mit mir in die schüssel greifft, hic est, welcher treyfft Fischart Garg. 62 ndr.; treiffet und geiffert inn die supp 197; also name er (ein würzkrämer) das spanische wachs, hielts ubers liecht und treiffte ihm (einem schlotenfeger) also heisz auf die nasen grillenvertreiber (1605) 266;
die fackel träufte glühnd auf deine hand
Brentano ges. schr. (1852) 6, 162;
an den öden strand des lebens,
wo sich dün auf düne häuft,
wo der sturm im finstern träuft
Göthe 3, 65 W.
euphemistisch: von dem alten Tobia ist bekant, dasz er durch eine, vom dach treiffende schwalbe in blindheit gerahten Harsdörffer gesprächsp. 3, 83.
b)
bildlicher gebrauch:
got mit sunderlichen roren
wirt waz troufen in ir oren,
widerrufende sy gerade
zu hulden und zu genade
(Lyra: per speciales instinctus revocando ad bonum)
Hiob 3454 Karsten;
... die gegend fern und nah
treuft lauter mark und fett
J. Schwiger Cynthie (1660) a 4ᵇ;
seit Klopstock in der dichtung des 18. u. 19. jh. auszerordentlich beliebt:
ceder, die ...
schlummer und thau auf die ruhenden träufte
Messias 3, 531;
trost von des freundes holdem munde
träuft balsam in das wunde herz
J. A. Schlegel verm. ged. (1787) 2, 377;
vermöcht ich doch gelind zu träufen
in deine brust ...
nur wenge tropfen leichtes blut!
Platen 1, 54 Redlich.
oft ganz unsinnlich von abstracten objecten:
diesz maul, das frevel träuft, und falsche netze flicht
ihn, dessen magischer duft
ein süszes vergessen der sorgen
auf unsre stirne träuft
Wieland 10, 115 Göschen;
hier, wo heldenschatten niederrauschen,
träufe vatersegen auf den sohn
Hölderlin 1, 110 L.;
aus ihm träuft dir die fülle segen
ins herz und innre seligkeit
Novalis schr. 1, 149 Minor;
gern wohl träuft (ich) einst mit gelindrem wohllaut
übers herz euch hin den geklärten sangstrom
M. gr. Strachwitz ged. (1850) 177;
in der prosa verhältnismäszig selten: den sturm der inversion, der den hauptgedanken wie in einem feuerregen auf die seele des höhrers träuft, liebte er gar nicht Schubart ästhetik d. tonkunst 45; die musikanten drehten ihre instrumente um und lieszen die überschüssige kraft ihres hineingeblasenen hauches aus den schallöchern träufen J. Lauff Pittje Pittjewitt (1903) 71. für sich steht eine mehr gelegentlichere verwendung in der reformationsliteratur; wohl im zusammenhang mit dem gebrauch von c: aber es ist noch kein execution geschehen, vileicht derhalben das got seinen zorn über uns last treüffen, in meinung seinen gantzen zorn über uns ausz zuschüden, wu wir also blind bleiben Carlstadt von abthuhung der bylder (1522) d 1ᵃ; es wirt geliebkost den grossen, und sie verachten die geringen ... die selben trucken sie undter, und für die haylsam leere, so trewffen sie in (eis) ain schmeichelwort N. Krumpach herrn Erasmi ... vermanung ... (1522) a 5ᵃ.
c)
ein eigenartiger bildlicher gebrauch von träufen begegnet in biblischer sprache als genaue übersetzung von stellen wie 'stilla ad sanctuaria' Hesekiel 21, 2, zu der schon ahd. die glosse trouphi 1, 645, 58 Steinm.-Siev. belegt ist: treuffe wider die heiligthüme Hesekiel 21, 2; richte dein angesicht gegen dem südwind zu und treuffe gegen dem mittage und weissage wider den wald (et stilla ad africum) Hesek. 20, 46; sie sagen man solle nicht treuffen, denn solche treuffe trifft uns nicht (ne loquamini loquentes: non stillabit super istos, non comprehendet confusio) Micha 2, 6. in den revidierten ausg. seitdem durchweg durch predigen und weissagen ersetzt; vgl. noch: treuffen heist predigen: daher durch regen (ps. 68) die predigt des evangelii verstanden wird ...; daraus wolzuverstehen, das er mit disen worten (sie sagten man solle nicht treuffen) anzeigen wolle, das die gottlosen zu den propheten gesagt haben, sie sollen nicht solch gros unglück dem volck drewen und weissagen J. Draconites vom durchbrecher Jesu Christo (1550) a 3ᵃ. vgl. träufeln A 4 sp. 1411; träufe 2 c sp. 1407; träufler sp. 1423.
2)
'beträufeln, mit tropfender flüssigkeit bedecken'; diese objectsverschiebung, durch die das ursprüngliche object zur instrumentalen bestimmung wird, erscheint seit dem 15. jh.
a)
allgemein: und träuft sie mit den flammen hitzigen wachstropfen auf ir blos fleisch der heiligen leben sumerteil (1472) 87ᵇ; zerdruckt mit den henden uber das gebratens grewliche krötten und treiffet es damit uber und uber J. Fuglinus de praest. daem. (1586) 65ᵇ. häufig für das beträufeln der speisen: carnem assam in veru aspergere, butyro imbuere den braden am spiesz treuffen Pomey indic. 358; ähnlich im schwäb., vgl. Fischer 2, 333; das pratas sol als safftig gepratten werden und nit bey dem grossen feier oder mit dem treffen verbrennt werden, das das ain herte haut gewynne (1520) bei Fischer nachtr. 1768;
(die köchin) würget zwey hüner an der stet,
füllt sie und steckt sie an den spiesz,
und sie fein sittlich praten liesz,
treifft sie und priet sie in dem saft
H. Sachs 9, 462 lit. ver.
b)
besondere anwendungen.
α)
in älterer zeit für jetzt übliches bekleckern (beim essen):
ob du gleich in den pecher huest,
das du dein part mit drawffen thuest
H. Sachs 17, 418 lit. ver.;
mit wein getraifft, die mewler geschmutzt,
das war ir hoffweis wol erbutzt
H. Sachs 5, 334 lit. ver.;
nur in dieser bedeutung wird traufen auch reflexiv gebraucht:
nemb auch den löffel nit zu vol,
wen du dich trayfst, das steht nit wol
H. Sachs 4, 297 lit. ver.;
übertragen:
wer sint die sich so tröuffent,
daz si got noch verchöuffent?
(daz sint die verschampten pfaffen)
kl. mhd. erzähl. 94 Rosenhagen.
β)
in specieller, fast fachsprachlicher beschränkung übertragen gebraucht für distinguere vario colore treuffen mit farb Dentzler clav. ling. lat. (1716) 290ᵃ; nur als part. perf. pass. belegt im sinne von 'gefleckt, gesprenkelt'; s. auch getreift teil 4, 1, 4496: guttatus getröuft, hin und här gedüpfflet, gefläcket Frisius (1556) 615ᵃ; guttatus getreufft, gesprengt Calepinus xi. ling. (1598) 632ᵇ; guttatus, colorem habens, maculis quibusdam instar guttarum distinctu getreufft, hin und her getröpfflet, geflecket, gesprengt Decimator 576ᵇ: der bauch ist heiter äschenfarb mit vil düpfflinen getröufft P. Heuszlin Gesners vogelb. (1557) 37ᵇ; an der käl ist er mit roten fäderen getröufft, als auch am bauch ebda 9ᵇ; träuft 'adj. und adv. wird von der farbe einer taube gesagt, auf deren flügeln gewisse einzelne federn von einer andern farbe sind (Bern)' Stalder schweiz. id. 300; sondern ist zu mercken, dasz die (hunde), so ... ein farb haben, als da ist gar weisz oder mit rothen traifft, die besten, und die andern, so mit schwartzen und grawlechten getraifft ... nicht grosz schatz werth seyen new jägerbuch (Straszb. 1590) 3ᵇ; (hunde) von farben schiltecht oder getreuft M. Herr feldbau (1558) 154ᵃ. mehrfach von pferden (vgl. ²trauf):
der weisze gaul geträifft vom schwartzen haar und roth
W. H. v. Hohberg georg. cur. (1682) 2, 131;
'bis ins 17. jh. hinein rühmt man die trefften, muckentrefften oder träufe, mit welchen namen man gesprenkelte pferde mit roten oder schwarzen tippeln bezeichnete' M. Jähns rosz 1, 42.
γ)
im 17. jh. vereinzelt für das auflegen eines kuchenteiges: wäge hernach so viel mehl als des zuckers ist, streue immerzu eines in den teig, bisz er so dick wird, dasz man ihn treuffen kan, wann gleich ein mehl überbleibt, schmiere das tortenblätlein ein wenig, und streu ein wenig mehl darauf und treuff also die zeltel (dünnblättriger kuchen, s. teil 15, 625) so grosz du wilt darauf Hohberg georg. cur. (1682) 1, 233ᵇ; hierzu etwa: die tröuffele gebäck in darmform geschlungen Hunziker Aargau 61; trauffele gewundenes backwerk Seiler Basel 84. wohl auch hierher, aber im einzelnen nicht durchsichtig (s. auch getreift teil 4, 1, 4496):
(das gestorbene kind) hat itzt des konfektes vol auf;
bauet zuckerhäuser auf,
trinkt getreuft korelkonfekt,
das ein engel selbst ihm rekt,
schmekt den süssen marzepan,
beist zitronpomranzen an
S. v. Butschky kanzelley (1666) 4, 18.
c)
im bildlichen gebrauch haben sich stellenweis besondere bedeutungsschattierungen eingestellt:
wir treuffen sie (die pfaffen) mit unserm schmaltz,
dargegen crütz, esch, wasser, saltz
geben sie uns
S. Brant in Alsatia 10, 79;
die bauren sehens für ein blut, der arzt aber nicht, er sey dann mit der bawren adern getraufft worden: das ist, er wene, er sey ein arzt, so er doch seine scientiam als ein baur versteht Paracelsus op. (1616) 1, 74 Huser; die hocheingebildeten herrens werden wie billig in ihrem eigenen fett gebraten und geträuft C. Herder bei Düntzer z. dt. lit. u. gesch. 2, 36, vgl. das sprichwort einen mit seinem eigenen fette (schmalz) beträufen teil 1, 1710; noch stärker redensartlich: da doch wohl ... einer so wenig courage als der andere hat, und beyde mit hasenschmalz getraufft Grimmelshausen 1, 385 K.; der hase ist nicht nur feige sondern auch ein geiles tier, daher: indessen aber ware er doch mit etwas hasenschmaltz getraifft und von liebe übermacht, nach dem bauerngretel eingenommen ebda 1, 711; so ein paar ungleicher liebeseyfferer und eyffersüchtige liebhaber waren dieses, alle beide mit hasenschmaltz getreifft J. Riemer der polit. hasenkopff (1680) 393. ohne nähere bestimmung bedeutet einfaches geträuft, mundartlich öfters 'töricht, dumm', vgl. in derselben bedeutung begossen und dialektisch bedrippt: er ist 'tráfft Schmeller-Fr. 1, 650; Zaupser 77; s. auch betrooft Müller-Fraureuth obersächs. 1, 241ᵇ; so wohl auch zu verstehen:
und wird ihm zu lang das harren,
einer rast, der ander bittet,
einer klagt, der ander wütet,
wohl ein paar getreiffter narren
Riemer a. a. o. 393;
ebenfalls wahrscheinlich hierher: kompt ain arms kint zu in, so sprechent sy, es ist ain treuffet oder torhatt mensch Tauler sermones (1508) 51ᵇ, entgegen Ch. Schmidt, der lat. trufator heranzieht, hist. wb. d. elsäss. ma. 362.
B.
intransitiv. 'in tropfen fallen', gleichbedeutend mit triefen, s. auch dort. vereinzelt schon mhd.:
die zeher trouffent mir under die ougen
minnefalkner 43, 7 bei Hadamar jagd Schmeller;
häufiger erst im frühnhd., wo auch lautlich triefen und träufen in der 2. u. 3. pers. sg. praes. und 2. pers. imp. überall dort zusammenfielen, wo die umgelauteten formen herrschten und wo mhd. iu zu eu wurde. daher eine aufteilung zwischen beiden verben nicht immer sicher:
es wardt kein braten nie so mager,
auch den man vor drey schilling keufft,
das nit davon ein wenig treufft
B. Waldis Esop 2, 29 Kurz;
es wechst und treufft der wohlriechende balsam für und für M. Ch. Irenäus spiegel d. ewig. lebens (1589) a 2ᵃ;
der schweisz auch überall aus seinem (des baumes) baste treuffet
D. v. d. Werder ras. Roland (1636) 6, 32;
nu steh ich hier, der regen treufft auff mich
Stieler geharnschte Venus 71 ndr.
1)
subject ist die herabfallende flüssigkeit.
a)
eigentlich.
α)
ohne nähere bestimmungen:
die quelle rinnt! es träuft der thau!
Klopstock (1823) 7, 82;
an heiszer glut gegohren,
träuft reich der traube saft
F. Kind ged. (1817) 4, 5;
ha, dir träuft die wonnetrunkne zähre
Hölderlin 1, 97 L.;
der eine suchte honig, der im walde träuft
Göthe 11, 19 W.
β)
mit angabe der herkunft oder des zieles:
... ein lautres zuckerwasser ...,
das in dem kelch (der blüte) zusammen läuft,
und endlich aus demselben träuft
D. W. Triller poet. betracht. (1750) 2, 157;
er bringt es den hügel herab (das blut),
wie es glanzvoll von dem quell träuft
Klopstock od. 1, 253 M.-P.;
thränen des danks
träufen ins farbengemisch
Schubart sämtl. ged. (1825) 2, 29;
ich will dich ... ängstigen, dasz kalter todesschweisz von deiner stirne träufen soll Klinger 10, 149;
schützen dich vor hitze und vor regen,
welcher heftig aus gewittern träuft
Novalis schr. 1, 139 Minor;
träuft ein quell vom paradiese,
leiser, frischer morgenthau
Uhland ged. (1898) 1, 41;
wird mir auch honig von den
bäumen träufen?
Freiligrath ges. dicht. (1870) 1, 176.
b)
bildlicher gebrauch:
seht wie der kühle wind die volle wolcken häufft,
woraus des himmels fett und unser segen träufft
J. V. Pietsch geb. schriften 58;
niemand vermuthete, dasz ein nägelmagazin das eigentliche füllhorn sei, aus welchem das öl des überflusses traufe Musäus volksmärchen 2, 125 Hempel;
hinter sanfter hügel schirme
wo ... der liebe nektar träuft
Bürger 74ᵇ Bohtz;
doch die erinnerung träuft wie blüthenschauer
im maienmond so süsz auf unser herz
E. M. Arndt werke 3, 51 Rösch-Meisner.
abstracter:
dasz mir deine palme kühlung wehe,
kühlung, wie von lebensbäumen träuft
Hölty ged. 63 Halm;
mein unglück träuft auf sie herunter, mein verworfenes geschick besudelt sie Göthe 24, 317 W.;
in den regen wipfeln träuft
dichterwort von vogelzungen
C. A. Overbeck samml. verm. ged. (1794) 12;
o vater! es träuft aus deiner hand
der segen über berg und land
Loeben ged. 20 Pissin;
da träuft dem armen lügenwicht
die angst vom bleichen angesicht
F. A. Schulze ged. (1828) 105;
ruhe träuft von seinem (des abends) flügel
Grillparzer 2, 81 Sauer;
hatte man sich vorher in überträufende begeisterung für den reisenden hineingesprochen Alexis in novellenschatz von Heyse-Kurz 10, 108;
die menschen sind furchtbar vom licht entstellt,
das von ihren gesichtern träuft
R. M. Rilke buch d. bilder² 39.
2)
subject ist der gegenstand, von dem die flüssigkeit herabfällt, die frühesten belege gegenüber triefen nicht ganz gesichert; wann das tach so starck zesamen gemacht ist, das es nit treufft (tectura ... quod non stillat) offenb. d. hl. Birgitte (Nürnberg 1502) n 1ᵃ; süszer dan honig, unt was von honigsaim treuffet Melissus psalm. 70 ndr.; (Jesus im ölgarten) du treuffest im zornfewer deines vaters wie ein braten V. Herberger trawerbinden (1619) 6, 268;
wenn Reinke gleich gantz überteufet
von list und boszheit treufet
Reinicke fuchs (Rostock 1650) 145.
a)
concret.
α)
ohne nähere bezeichnung der flüssigkeit: ... (ein märtyrer) gleich wie einen hammelschlägel gebraten, und wann sein fleisch getreifft ... hat Schwelin württ. kl. chron. (1661) 327; wohl auch hierher: ez sulen ... ir oberhus bedecken, daz den undern gemachern ... kain schad beschehe weder mit tröffen noch mit schutten usz der kuchi urkdb. d. stadt Eszlingen 2, 187 Diehl;
die stürme wehn, die bäume traufen
G. Schwab ged. (1838) 338;
die steine träuften nur wenig (in einer tropfsteinhöhle) Platen tageb. 1, 317; das gefäsz drohte überzulaufen oder es träufte wirklich schon Alexis hosen (1846) 2, 3, 170; formelhaft: ein dach, das träuft, und böse weiber können gute männer vertreiben Dühringsfeld sprichw. 1, 155ᵇ, vgl. trauf 1 a sp. 1400; häufig vom menschlichen körper, wenn er schwitzt oder sonst nasz wird: der hette sich verweint, das sein gantzer leib träuffet J. Ayrer hist. processus jur. (1600) 386; als er erwachte, lag er so sehr in einem schweisz, dasz bald jedes haar an ihm traufte Pestalozzi sämtl. schr. (1819) 4, 120; ich ... versank in die wellen ... träuffend, ... stieg ich nun am andern ufer hinauf maler Müller (1811) 1, 52.
β)
die herabtröpfelnde flüssigkeit wird genannt: er draupffet von wein madet vino P. Apherdianus meth. disc. (1601) 182; besonders häufig ist von blut träufen:
und er (der jüngling) sollte schon das schwert, das vom blute träuft, erlangen?
C. O. v. Schönaich Heinrich d. Vogler 81;
das birkenlaub,
das vom duftigen frühthau träuft
v. Salis ged. (1793) 76;
denkt euch einen von regen träufenden, breitastigen ulmenbaum Gutzkow zaub. v. Rom 3, 362.
b)
bildlich nur selten vor dem 18. jh.:
sobald der seckel nimmer treifft
und man zu tieff am boden greifft
(ist man ein unerwünschter gast)
Wickram 5, 206 Bolte;
dein (gottes) fusztritt in den wolken, träuft
von fett
J. A. Cramer nord. aufseher (1781) 1, 195;
(der frühling) träuft von thau und duft und segen Claudius werke 1-2, 118;
hain! der von der götter frieden,
wie vom thau die rose, träuft
F. v. Matthisson schr. (1825) 1, 65;
auch:
von golde träufte das gestein, vom puren
F. Rückert werke (1867-69) 3, 146;
in sommerwarmer, von den süszesten düften träufender luft O. Ludwig 2, 430; ganz abstract:
den glauben der von frieden träuft
Geibel 2, 96.
3)
unpersönliches es träuft nur mundartlich belegt; schwäb.: wenns auf deⁿ baureⁿ regnet, traufts auᶜʰ auf den knecht Fischer 2, 333; im elsäss. von anhaltendem feinen regen Martin-Lienhart 2, 743ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 9 (1934), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 1415, Z. 11.

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Zitationshilfe
„traufe“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/traufe>.

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