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Etymologisches Wörterbuch des Deutschen

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Demokratie, …

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Demokratie f. ‘Herrschaft der Mehrheit eines Volkes, Staat mit demokratischer Regierungsform’, meist ungenau oder vereinfachend mit ‘Volksherrschaft’ wiedergegeben. Ins Dt. Ende des 16. Jhs. über lat. dēmocratia aus griech. dēmokratía (δεμοκρατία) entlehnt, entstanden aus griech. dḗmos (δῆμος) ‘Volk’ und kraté͞in (κρατεῖν) ‘herrschen’ als Gegenbegriff zu oligarchía (ὀλιγαρχία) ‘Herrschaft der wenigen’, zu griech. árchein (ἄρχειν) ‘herrschen’ (s. Oligarchie), der Bezeichnung der durch die Demokratie verdrängten Staatsform (s. Debrunner in: Festschr. Tièche (1947) 15). Als Muster der Demokratie gilt der Antike die von Kleisthenes nach dem Sturz des Tyrannen Hippias 510 v. u. Z. geschaffene Verfassung. Im Dt. wird Demokratie bis in die 2. Hälfte des 18. Jhs. vorwiegend in Übersetzungen antiker Autoren (Thukydides, Polybios) verwendet, jedoch seit dem 17. Jh. in theoretisierenden Schriften auf deutsche Verhältnisse bezogen (Micraelius 1639, Dielhelm 1740). Erst Ende des 18. Jhs. setzt sich das Wort unter dem Einfluß der französischen Revolution in unterschiedlichen Bedeutungsvarianten durch. Die bis in jüngste Zeit fortbestehenden Sach- und Begriffsunterschiede finden ihren sprachlichen Ausdruck in zahlreichen Attribuierungen wie direkte, repräsentative, soziale, parlamentarische Demokratie oder bürgerliche bzw. sozialistische Demokratie und in Zusammensetzungen wie Volksdemokratie f. (1947), der Entsprechung von russ. naródnaja demokrátija (народная демократия), sowie Sozialdemokratie f. (seit etwa 1850, nach frz. démocratie sociale) zunächst im Sinne von ‘soziale Demokratie’, dann für die Gesamtheit der Anhänger der sozialdemokratischen Bewegung. Dazu die Ableitungen demokratisch Adj. ‘den Grundsätzen der Demokratie entsprechend, freiheitlich, nichtautoritär’ (Ende 16. Jh.), im wesentlichen dem Gebrauch des Substantivs folgend, demokratisieren Vb. ‘demokratisch gestalten oder umgestalten’ (Ende 18. Jh.), aus frz. démocratiser entlehnt, Demokratisierung f. (um 1850) sowie Demokratismus m. frz. démocratisme, engl. democratism entsprechend, seit den 90er Jahren des 18. Jhs. bezeugt und weithin gleichbed. mit Demokratie. Demokrat m. ‘Anhänger der Demokratie, Mitglied einer demokratischen Partei’; aus frz. démocrate um 1760 entlehnt. – Neben Demokratie, Aristokratie (s. d.) und Bürokratie (s. d.) spielen in der Literatursprache einige Wortschöpfungen dieses Typs eine gewisse Rolle, darunter solche, die auf das Griech. zurückgehen wie Autokratie, Plutokratie, Theokratie (alle 19. Jh.); weitere sind aus anderen Sprachen entlehnt: Physiokratie (18. Jh.) aus dem Frz., Technokratie (1932) aus dem Amerik.-Engl. Das zweite Kompositionsglied ist, wie zahlreiche Gelegenheitsbildungen und Modeausdrücke zeigen, zur Kennzeichnung vermeintlicher Herrschaftsformen reihenbildend geworden: Bankokratie (M. Heß 1850), Logokratie (Hiller 1920), Expertokratie (1970), Telekratie (1976), Filzokratie (1977).
Zitationshilfe
„Demokratie“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/etymwb/Demokratie>.

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